GRAZ – ÖSTERREICH: Die häufigste Form der weiblichen Harninkontinenz ist die Belastungsinkontinenz und diese stellt ein gesellschaftliches Gesundheitsproblem von enormer Tragweite dar.Die Operation soll die Belastungsinkontinenz wirkungsvoll behandeln, schwerwiegende Komplikationen vermeiden, stabile Langzeitresultate gewährleisten und die Lebensqualität entscheidend verbessern. Die spannungsfreien Vaginalbänder erfüllen weitestgehend diese Forderungen. Ulmsten und Mitarbeiter berichteten 1995 über die Entwicklung und Anwendung eines spannungsfreien Vaginalbandes (TVT) zur Behandlung der weiblichen Belastungsinkontinenz.
Bessere Kontrolle der TroikarsDie hauptsächlichen Unterschiede zwischen der SupraPubic Arc (SPARC)-Methode und dem TVT Verfahren bestehen in der Konfiguration der verwendeten Troikars und der Art und Weise, wie die Troikars durch den retropubischen Raum geführt werden. Beim SPARC-Verfahren werden deutlich schmälere Troikars mit einer abgerundeten Spitze verwendet. Anatomisch bedingt liegen die Gefäße näher an der Bauchdecke als am Diaphragma.
Bei der SPARC-Methode führt die Stichrichtung der Nadel von den Gefäßen weg und vaginal auf die Gefäße zu und beinhaltet daher eher die Möglichkeit einer Gefäßverletzung. Daher erlaubt die fingergeleitete SPARC-Technik dem Operateur eine bessere Kontrolle der Troikars und erhöht damit die Sicherheit für die Patientinnen, verglichen mit den dickeren und spitzen Troikars der TVT-Methode. Diese Studie wurde an 103 belastungsinkontinenten Patientinnen prospektiv durchgeführt. Alle 103 Patientinnen zeigten eine Belastungsinkontinenz, davon 26 (25,2 Prozent) eine Rezidiv-Belastungsinkontinenz und neun (8,8 Prozent) eine Mischinkontinenz.
57 Frauen hatten bereits eine Voroperation im kleinen Becken und 28 eine vorangehende, erfolglose Inkontinenzoperation. Das Durchschnittsalter der Patientinnen betrug 62 (26 bis 91) Jahre, die Anzahl der Geburten im Schnitt 2,3 und die durchschnittliche Dauer der Harninkontinenz 9,4 Jahre. Der BMI betrug im Schnitt 27,77.
Das Studienprotokoll beinhaltete den Hustentest in stehender Position mit einem Blasenvolumen von 250 ml, einen Kurzzeit-Pad-Test nach Hahn & Fall, ein Miktionstagebuch über eine Woche, eine Nativ-Uroflowmetrie mit Restharnmessung, eine Urodynamik bestehend aus Zystomanometrie, Druckflussmessung und Harnröhrendruckprofil in Ruhe und unter Belastung in sitzender Position.
Das Ausmaß der Lebensqualitätsbeeinträchtigung durch den ungewollten Harnverlust wurde durch die Verwendung einer visuell Analogskala (VAS) erhoben, wobei 0 keine Beeinträchtigung und 100 inakzeptable Beeinträchtigung bedeutet. Die globale Patientenzufriedenheit mit dem Behandlungserfolg (sehr zufrieden, zufrieden, unzufrieden) wurde sechs Monate postoperativ erhoben. Außerdem wurden präoperativ eine Harnanalyse, eine urogynäkologische Untersuchung und ein laterales Zystogramm in Ruhe und unter Pressen durchgeführt. Subjektive Heilung wurde definiert als kein Harnverlust während Alltagsaktivitäten beziehungsweise keine Verwendung von Vorlagen.
Objektive Heilung beinhaltete einen negativen Hustentest, einen negativen Pad-Test nach Hahn & Fall sowie keine urodynamisch nachweisbare Belastungsinkontinenz. Eine objektive Verbesserung war definiert als eine 50- bis 75-prozentige Reduktion des Harnverlustes während des Pad-Tests, bezogen auf das präoperative Ergebnis, auf einen negativen Hustentest sowie urodynamisch nicht nachweisbare Belastungsinkontinenz unter Provokation. Eine Verbesserung von weniger als 50 Prozent wurde als Misserfolg eingestuft.
Die durchschnittliche Operationszeit auf Workshop-Basis betrug 42 Minuten. Vier Patientinnen (3,9 Prozent) erlitten eine Harnblasenperforation, davon zwei nach vorangegangener Inkontinenzoperation. Eine Patientin (0,9 Prozent) wies einen Harnverhalt auf, der durch sofortige Bandlockerung behoben wurde. Zwei Patientinnen (1,9 Prozent) erlitten ein sogenanntes „tape gliding“ (Durchrutschen des Bandes). Dieser Zustand wurde durch eine sofortige Neuanlage des SPARC-Bandes behoben. Vier Patientinnen (3,9 Prozent) zeigten postoperativ eine Restharnmenge bis zu 200 ml.
Diese Blasenentleerungsstörung wurde ebenfalls sofort durch eine Bandlockerung erfolgreich behoben. Die Anzahl der Vorlagen pro Tag, der Pad-Test und der Leidensdruck verringerten sich von 4,7, 37,4 g und 76,7 präoperativ auf 0,44, 1,93 g und 15,7 zwölf Monate postoperativ (p < 0,001).
PatientenzufriedenheitDie globale Patientenzufriedenheit mit dem Therapieerfolg wurde nach sechs Monaten von 93,3 Prozent als „sehr zufrieden“, von 5,3 Prozent als „zufrieden“ und von 1,4 Prozent als „unzufrieden“ beurteilt. 98,6 Prozent der Frauen würden diese Operation anderen belastungsinkontinenten Frauen empfehlen. Die subjektive Heilrate, das heißt ein alltägliches Leben ohne Vorlagen und Harnverlust beträgt 75,4 Prozent.
Die objektive komplette Heilrate beträgt nach zwölf Monaten 81,5 Prozent, die objektive Verbesserung der Belastungsinkontinenz wird bei 16,9 Prozent der Patientinnen beobachtet. Bei 1,6 Prozent versagte die Therapie.
Präoperativ wiesen neun Patientinnen zusätzlich zur Belastungsinkontinenz eine Drangkomponente mit zystometrischen Zeichen einer Detrusorhyperaktivität auf. Bei drei von neun (33,3 Prozent) der Patientinnen persistierte die Drangsymptomatik postoperativ, und sie benötigen weiterhin eine anticholinerge Medikation. Bei allen Patientinnen erfolgte die postoperative Harnblasendrainage für 24 Stunden über einen Foley-Katheter Charr. 16, auch bei den vier Frauen, die eine Harnblasenperforation erlitten. Der durchschnittlicher stationäre Aufenthalt dauerte 3,3 Tage, und die Entlassung erfolgte im Schnitt 1,4 Tage postoperativ.
Die Wiederaufnahme der normalen täglichen Aktivitäten zu Hause erfolgte nach 1,27 (0 bis 6), externe Aktivitäten wie Einkaufen oder Beruf nach 4,47 (0 bis 10) Tagen. Diese Resultate bestätigen die Machbarkeit und Sicherheit der Behandlung der Belastungsinkontinenz mit der SPARC-Methode.
Ein kürzlich veröffentlichtes Review von elf Publikationen mit objektiven Endpunkten ergab eine Heilrate von 87,3 Prozent nach durchschnittlich 17 Monaten postoperativ. Die durchschnittliche Operationszeit von 42 Minuten erscheint länger als üblicherweise in der Literatur berichtet. Diese längere Operationsdauer war durch den Workshop-Charakter der Operationen bedingt. Das SPARC-Schlingensystem ist derart konzipiert, dass ein versierter Operateur den Eingriff in etwa 20 Minuten bewerkstelligen kann. Schwere Komplikationen wie Gefäß-, Darm- oder Nervverletzungen sowie retropubische Hämatome, lebensgefährliche Infektionen oder Todesfälle traten in dieser Studie nicht auf. Die maximale Harnflussrate reduzierte sich von 39,3 ml/sec. präoperativ auf 18,1 ml/sec. eine Woche postoperativ und erreichte nach zwölf Monaten mit 38,2 ml/sec. wieder die präoperativen Ausgangswerte.
Die drastische Reduktion der maximalen Harnflussrate eine Woche postoperativ führen wir auf das lokale Trauma zurück. Im selben Zeitraum nahm der Detrusordruck bei maximalem Flow von 16,6 cm H2O präoperativ auf 21,8 cm H2O nach zwölf Monaten um 31,3 Prozent zu, was als Obstruktion durch das Band zu werten ist. Die Tatsache, dass sich die Harnflussrate nach zwölf Monaten normalisierte und gleichzeitig der Detrusordruck während der Miktion anstieg, ist unserer Meinung nach nicht als Widerspruch, sondern als Ausdruck eines Detrusortrainings mit Verbesserung der Kontraktionsleistung zu interpretieren.
Unserer Einschätzung nach beruht das Wirkprinzip aller spannungsfreien Vaginalbänder, wie es für eine Schlingenoperation typisch ist, auf einer infravesikalen Obstruktion, die so relevant ist, dass die meisten Frauen unter körperlicher Belastung kontinent sind, und einer Obstruktion, welche so irrelevant ist, um eine normale restharnfreie Miktion zu ermöglichen.
Der maximale Harnröhrenverschluss in Ruhe erhöhte sich von präoperativ 44,6 cm H2O auf 71,8 cm H2O nach zwölf Monaten. Auch diese Beobachtung spricht unserer Meinung nach für eine passive, obstruktiv wirksame Unterstützung des Harnröhrenverschlussmechanismus durch das Vaginalband.
Exzellente AlternativeOb die deutliche Zunahme des maximalen Urethraverschlussdrucks in Ruhe ein zukünftig erhöhtes Risiko für eine Bandarrosion in sich birgt, ist derzeit noch unklar. Die Effektivität von SPARC und TVT ist nach unserer prospektiven Studie vergleichbar. Die SPARC-Methode bietet eine exzellente operative Alternative zur Behandlung der weiblichen Belastungsinkontinenz. Zudem beinhaltet die SPARC-Methode eine Menge signifikanter Vorteile gegenüber der TVT-Methode, nämlich eine einfachere und potenziell sicherere Nadelplatzierung. Dies ist bedingt durch die vorgegebene Anatomie des kleinen Beckens, insbesondere die topographische Lage der Gefäße.
Weitere Vorteile sind die nicht längere Katheterliegedauer nach Blasenperforation, eine geringere Gewebedissektion, bedingt durch die deutlich schmäleren Nadeln, und die Vermeidung von Blutungskomplikationen, wie sie bei der TVT-Methode beschrieben werden.
Autor: Univ. Doz. Dr. Günter Primus
Univ. Klinik für Urologie
Medizinische Universität Graz
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