DORTMUND: Mit steigendem Lebensalter wächst die Zahl der Inkontinenz-Patienten. Welche therapeutischen Herausforderungen sich daraus für den Urologen ergeben, fasst OA Dr. med. H.-Jürgen Knopf, Dortmund zusammen.Die Harninkontinenz ist ein medizinisches Problem, das vor dem Hintergrund der demographischen Entwicklung weiter an Bedeutung gewinnen wird. Schätzungsweise fünf Millionen Betroffene gibt es in Deutschland, wobei genauere Angaben nicht möglich sind.
Neben dem individuellen Leidensdruck aufgrund hygienischer Probleme, ständiger Angst vor unwillkürlichem Urinverlust, Scham bis hin zu depressiven Verstimmungen sind auch die negativen Auswirkungen auf soziale Bindungen nicht zu unterschätzen. Partnerschaften können darunter leiden, wenn es infolge der Inkontinenz zu Einschränkungen des Sexuallebens kommt. Viele Betroffene verschließen sich und verlieren nach und nach ihre sozialen Kontakte. Diese betreffen meist den privaten Freizeitbereich, können aber auch zu beruflichen Benachteiligungen führen.
Die Harninkontinenz lässt sich somit als medizinisches Dilemma definieren, das sekundär individuell sowohl krankheitsverursachende (in der Regel psychische) aber auch soziale Konsequenzen haben kann.
Circa 20 bis 40 Prozent der über Vierzigjährigen klagen über Symptome der Harninkontinenz. Die Prävalenz nimmt mit dem Alter stetig zu und ist bei Frauen höher als bei den Männern, was in erster Linie auf die höhere Prävalenz der Belastungsinkontinenz zurückzuführen ist (1).
Es gibt verschiedene Formen der Harninkontinenz, die nach der Definition der International Continence Society (ICS) unterteilt werden in Belastungsinkontinenz, Dranginkontinenz, Mischinkontinenz sowie einige Sonderformen.
Pathophysiologie der BelastungsinkontinenzDie weitaus häufigste Form der Harninkontinenz stellt die Belastungsinkontinenz, die in etwa 50 Prozent allein und in weiteren 30 bis 40 Prozent als Teilsymptom der so genannten Mischinkontinenz in Kombination mit einer Drangkomponente zu finden ist.
Ursache einer Belastungsinkontinenz ist ein insuffizienter Harnröhrenverschluss-Mechanismus, der einer intraabdominellen Druckerhöhung nicht Stand halten kann.
Pathophysiologisch liegen dieser Insuffizienz drei Mechanismen zugrunde:
1. Hypermobile Harnröhre: Ein defekter Aufhängeapparat von Harnröhre, Blasenhals und Vagina führt zu einer Lageänderung der genannten Systeme. Daraus können eine hypermobile Urethra und ein Deszensus resultieren. Folge ist eine Reduktion der passiven Drucktransmission bei intraabdomineller Druckerhöhung.
2. Hypotone Harnröhre: Diese liegt vor, wenn der urodynamisch gemessene Harnröhrenverschlussdruck unter 25 cm H20 beträgt. Ursächlich kommen ein Mangel an alpha-adrenerger Stimulation oder Traumatisierungen der Harnröhre (zum Beispiel iatrogen, Beckenverletzungen, Bestrahlungen) in Frage.
3. Hyporeaktivität der Sphinktermuskulatur: Hierbei finden sich neurogene und/oder myogene Läsionen, die zu einer Verminderung der reflektorischen Kontraktion der Sphinkter-Beckenboden-Muskulatur bei körperlicher Belastung führen, so dass eine Reduktion der aktiven Drucktransmission resultiert. Ursache sind eine Inaktivitätsatrophie sowie Läsionen der Beckenbodenmuskulatur oder des N. pudendus (zum Beispiel Geburten, operative Eingriffe).
Entsprechend der Leitlinien der Europäischen Gesellschaft für Urologie (EAU) erfolgt die Therapie der Belastungsinkontinenz nach einem Stufenschema.
An erster Stelle stehen Änderungen von Lebensgewohnheiten, die Risikofaktoren für eine Belastungsinkontinenz darstellen. Hierzu gehören Gewichtsnormalisierung, ausreichende Bewegung, gesunde Ernährung und ähnliches. Beckenbodengymnastik, eventuell in Kombination mit einer Elektrostimulations- oder Biofeedback-Therapie kann diese Maßnahmen unterstützen.
Neu zugelassen für die medikamentöse Behandlung der Belastungsinkontinenz ist Duloxetin (Yentreve®), einem Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahme-hemmer. Duloxetin führt zu einer Akkumulation der beiden Neurotransmitter in den Synapsen des Onuf´schen Nukleus, was eine verlängerte Aktivität der postsynaptischen Neurone zur Folge hat. Dies resultiert in einer verstärkten Glutamat-vermittelten Aktivität des Rhabdosphinkters mit entsprechend resultierender Kontinenz.
Ob sich Duloxetin etablieren wird, hängt von den noch ausstehenden Langzeitdaten ab. Bemerkenswert ist jedoch, dass dieses Medikament Eingang in eine Leitlinienempfehlung gefunden hat.
Als weitere medikamentöse Alternative kommt bei postmenopausalen Frauen eine lokale Östrogenisierung der Vagina in Betracht.
Die operative Therapie der Belastungsinkontinenz ist nach Ausschöpfung aller konservativen Maßnahmen indiziert.
Inkontinenz-Operationen: Goldstandard TVT?Die Vielzahl an Operationsverfahren und deren mehr als hundert Modifikationen zeigt, wie schwierig eine sichere und anhaltende Kontinenzerhaltung operativ zu realisieren ist (2). Suspensionsplastiken in Form der Schlingen- und Nadelsuspensionsplastiken sowie Kolposuspensionen nach Marshall-Marchetti-Krantz und Burch bestimmten bis Mitte der 90er Jahre das operative Vorgehen in dieser Indikation.
Das Grundprinzip dieser Techniken beruht auf der Elevation von Blasenhals und Urethra. Pathophysiologisch geht dieses Verständnis auf Enhörnings Drucktransmissionstheorie zurück (3). Demnach stellt die Rückverlagerung von Blasenhals und proximaler Urethra in den abdomino-pelvinen Bereich das Gleichgewicht insbesondere bei der passiven Druckübertragung zwischen Blase, Blasenhals und proximaler Urethra bei intraabdomineller Druckerhöhung wieder her.
NadelsuspensionsplastikenPrinzip: Nadelsuspensionsplastiken elevieren und fixieren den Blasenhals in eine anatomisch korrekte Position und verbessern damit die Drucktransmission unter Belastung. Indikation ist die Belastungsinkontinenz bei hypermobiler oder kurzer Harnröhre.
Vorgehen: Bei diesen Eingriffen wird eine vordere Kolpotomie in Höhe des Blasenhalses durchgeführt sowie suprapubisch die Rektusfaszie dargestellt. Zwei Nadeln werden dann von suprapubisch durch die Rektusfaszie eingestochen und retropubisch unter vagino-digitaler Kontrolle rechts und links neben dem Blasenhals durch die Kolpotomie ausgleitet. Nichtresorbierbare, mit Dacronpatches versehene Fäden werden dann nach suprapubisch ausgeleitet.
Unter zystoskopischer Kontrolle werden die Fäden so gespannt, dass eine ausreichende Elevation resultiert. Die Fäden werden dann über der Rektusfaszie geknotet. Die wichtigsten Modifikationen kommen von Stamey-Pereyra (4), Raz (5) und Gittes (6).
Ergebnis: Als wesentliche Komplikationen sind eine postoperative De-novo-Urge in bis zu 25 Prozent sowie eine Dranginkontinenz in bis zu zehn Prozent zu nennen. Die Erfolgsraten liegen initial bei circa 90 Prozent, im Langzeit-Follow-up bei lediglich 40 Prozent. Auf Grund der schlechten Langzeitergebnisse und neuerer Verfahren spielen NSP heute nur noch eine untergeordnete Rolle.
SchlingenverfahrenPrinzip: Das Wirkprinzip der Schlingenverfahren entspricht dem der NSP. Indikationen sind insbesondere die hypermobile und kurze Harnröhre sowie die Rezidivinkontinenz. Für die Schlingen können autologe (zum Beispiel Rektusfaszie) und heterologe (zum Beispiel Goretex, Mersilene) Materialien verwendet werden. Bei der Faszienzügelplastik nach Narik und Palmrich (7) werden beidseits zwei 12 mal 2 cm lange Faszienstreifen der Faszie des M. obliquus externus präpariert.
Vorgehen: In Höhe des Blasenhalses wird eine vordere Kolpotomie durchgeführt. Danach werden beide Faszienstreifen retropubisch und lateral des Blasenhalses vaginal ausgeleitet. Unterhalb des Blasenhalses werden beide Streifen vernäht.
Die Problematik liegt in der korrekten Schlingenspannung. Es gibt zahllose Modifikationen, das Grundprinzip ist jedoch immer dasselbe.
Ergebnis: Passagere Blasenentleerungsstörungen treten in bis zu 50 Prozent auf. Obwohl gute initiale und Langzeitergebnisse (circa 90 beziehungsweise 60 Prozent) zu erzielen sind, kommen aufgrund der operativen Alternativen SV nur noch relativ selten (Rezidivinkontinenz!) zum Einsatz.
KolposuspensionenPrinzip: Indikationen sind die Belastungsinkontinenz jeden Grades bei hypermobiler Harnröhre sowie wenn begleitend ein geringer bis mäßiger Deszensus vorliegt. Bei nachgewiesener kurzer funktioneller Urethra (kleiner 25 mm) sollte die Indikation kritisch gestellt und stattdessen zum Beispiel ein SV gewählt werden.
Vorgehen: Wegbereiter aller suprapubischen Suspensionsplastiken ist die Operation nach Marshall-Marchetti-Krantz (8). Durch wesentliche Verbesserungen dieser Technik gilt heute die Kolposuspension nach Burch als das Standardverfahren der suprapubischen Kolposuspensionsplastik (9). Hierbei werden die proximale Urethra sowie der Blasenhals suprapubisch freigelegt. In Höhe der proximalen Harnröhre und des Blasenhalses wird dann die vordere Vaginalwand Urethra- und Blasenhals-fern (mindestens 1 cm) jeweils mit zwei bis drei Nähten gefasst.
Zystoskopisch wird zum einen dann eine intravesikale Fadenlage ausgeschlossen. Zum anderen kann der Assistent die Fäden anziehen und damit die Elevation des Blasenhalses beurteilen. Danach werden die Nähte beidseits am Ligamentum ilieopectineum (Cooper´sches Ligament) fixiert.
Die Fixierung hat dabei so zu erfolgen, dass Harnröhre und Blasenhals auf der vaginalen Vorderwand wie auf einer Hängematte zu liegen kommen. Eine direkte Fixation unter die Symphyse ist zu vermeiden.
Ergebnis: Nach einer Cochrane Analyse 2005 (9) beträgt die Kontinenzrate nach dem ersten Jahr 85 bis 90 Prozent, nach fünf Jahren immerhin noch etwa 70 Prozent. Auf Grund dieser stabilen Langzeiterfolgsraten in großen Kollektiven ist die Kolposuspension nach Burch als das Standardverfahren in der operativen Therapie der Belastungsinkontinenz anzusehen. Die Ergebnisse der laparoskopischen Kolposuspension können dagegen bislang nicht die Erfolgsraten des offenen Verfahrens reproduzieren (9).
Tension-free vaginal tapePrinzip: Mitte der 90er Jahre wurde ein neues minimal-invasives Verfahren von Ulmsten et al. vorgestellt, das die operative Therapie insbesondere der Belastungsinkontinenz geradezu revolutionierte. Im Gegensatz zu Enhörnings Drucktransmissionstheorie (3) beschrieben Petros und Ulmsten (10, 11) die so genannte Integrationstheorie der weiblichen Inkontinenz.
Im Mittelpunkt dieses Konzeptes steht die urethrale Fixierung. Durch zahlreiche Untersuchungen war klar geworden, dass das P. maximum der Druckübertragung auf die Harnröhre unter Belastungsbedingungen im Bereich des Übergangs des mittlerem zum äußeren Drittel liegt. Diese Region wird von den Ligg. pubourethralia fixiert. Defekte dieser Pubourethralbänder inklusive ihrer pubovaginalen Äste führen zu einer Funktionsstörung des suburethralen Anteils der Scheide. Hieraus können sowohl eine Belastungs- als auch die Dranginkontinenz resultieren.
Das Grundprinzip des TVT beruht auf den Ersatz dieser defekten Pubourethralligamente. Durch das eingelegte Polypropylen-Band wird für die Urethra ein suburethrales Widerlager geschaffen. Wichtig für das Verständnis dieser Methode ist, dass TVT nicht auf Grund einer subvesikalen Obstruktion funktioniert, sondern spannungsfrei unter der Urethramitte platziert wird. Das heißt, erst bei einer intraabdominellen Druckerhöhung wird die Urethra gegen das Band gepresst, woraus Kontinenz resultiert.
Als Indikationen sind die genuine Belastungsinkontinenz bei hypermobiler Harnröhre sowie die Mischinkontinenz nach ausreichender Vorbehandlung der Drangkomponente zu sehen. Welchen Wert das Verfahren bei vorliegender hypotoner oder kurzer Harnröhre hat, ist zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht abzusehen.
Vorgehen: Bei der klassischen Methode (12) wird das Band suprasymphysär ausgeleitet. In Steinschnittlage werden die beiden Austrittspunkte circa 2 cm lateral der Mittellinie und circa 1 cm oberhalb der Symphyse eingezeichnet. Danach erfolgt die vaginale Einstellung mittels selbsthaltenden Spekulums. Circa 1 cm kranial des Meatus erfolgt eine vordere Kolpotomie in der Mittellinie auf circa einem Zentimeter Länge nach kranial (Übergang mittleres zu äußerem Harnröhrendrittel). Dann wird das paraurethrale Gewebe in Richtung auf die endopelvine Faszie präpariert.
Auf einer Seite wird nun die Nadel in die vaginale Inzision eingeführt. Gleichzeitig wird die Harnblase durch einen speziellen Katheterspanner auf die Gegenseite luxiert. Danach wird die Nadel paraurethral und retrosymphysär durch den eingezeichneten Austrittspunkt ausgeleitet. Das Vorgehen auf der Gegenseite ist identisch.
Bei der Platzierung des Bandes ist darauf zu achten, dass es unterhalb der Harnröhre nicht torquiert. Mit Hilfe der Zystoskopie lassen sich Blasenverletzungen beziehungsweise eine intravesikale Bandlage ausschließen. Nach Entfernen des Zystoskopes wird die Präparierschere zwischen Harnröhre und Band eingeführt. Danach wird das Band soweit gestrafft, dass nach Entfernen der Schere das Band locker unter der Harnröhre zu liegen kommt.
Ergebnis: Inzwischen wurden mehrere hunderttausend Patientinnen behandelt, es liegen bereits Follow-ups von fünf und sieben Jahren vor (13). Hierbei finden sich Heilungsraten von 85 und 11 Prozent beziehungsweise Besserungsraten 81 und 16 Prozent.
Untersuchungen an größeren Kollektiven zeigen allerdings auch eine Reihe von Komplikationen auf (Abb. 1). Zu den schweren, wenn auch seltenen Ereignissen (unter einem Prozent) zählen Darm- und Gefäßverletzungen, die in einigen Fällen letal verliefen.
Transobturatorische EinlagePrinzip: 2001 berichtete Delorme (15) über eine technische Modifikation des TVT, die transobturatorische Einlage (TOT) in der Outside-In-Technik.
Vorgehen: In Steinschnittlage erfolgt zunächst die vaginale Einstellung mittels selbsthaltenden Spekulums. Nach Einlage eines Katheters wird eine vordere Kolpotomie circa 1 cm proximal des Meatus in der Mittellinie auf circa einem Zentimeter Länge nach proximal durchgeführt. Es erfolgt die Präparation des paraurethralen Gewebes mit der Schere beidseits in Richtung auf das Foramen obturatum bis zum Kontakt zum unteren Schambeinast. Danach erfolgt beidseits eine Stichinzision circa 2 cm lateral der femoro-genitalen Falte in Höhe der Klitoris. Durch die Inzision wird der Tunnelierer stumpf auf den unteren Schambeinast vorgeschoben, die obturatorische Membran perforiert und dann, geführt mit der Zeigefingerspitze, durch die vaginale Inzision ausgeleitet. Das Bandende wird in die Tunneliererspitze fixiert und durchgezogen. Das Vorgehen auf der Gegenseite läuft identisch ab. Die Platzierung des Bandes erfolgt wie oben beschrieben in der Weise des klassischen TVT.
2003 berichtete dann de Leval (16) über eine technische Modifikation des TOT, die transobturatorische Einlage in der Inside-Out-Technik. Lagerung, Kathetereinlage, vaginale Inzision erfolgen wie beschrieben. Zwei das Band führende Tunnelierungshelices werden aber nun von vaginal her eingeführt, die obturatorische Membran beidseits perforiert und das Band circa 2 cm lateral der femorogenitalen Falte in Höhe der Klitoris ausgeleitet. Die Platzierung des Bandes erfolgt wie bereits beschrieben.
Ergebnis: Der Vorteil der transobturatorischen Technik besteht darin, dass man unterhalb der endopelvinen Faszie bleibt und somit intrabdominelle Verletzungen sowie Blasenperforationen praktisch ausschließt. Bei wahrscheinlich gleichen Erfolgsraten finden sich deutlich weniger, insbesondere schwere Komplikationen (Abb. 2 n. 17).
FazitDie Vielzahl an operativen Verfahren und deren Modifikationen zur Therapie der Belastungsinkontinenz zeigt, wie schwierig eine sichere und anhaltende Kontinenz zu realisieren ist.
Die Kolposuspension nach Burch galt bis Ende der 90er bei der genuinen Belastungsinkontinenz auch bei geringem bis mittleren Deszensus als das Verfahren der Wahl mit guten Langzeiterfolgsraten. Nadel- und Schlingensuspensionsplastiken traten dagegen in den Hintergrund, behielten aber für bestimmte Indikationen ihre Berechtigung.
Vorbereitet durch präklinische Untersuchungen von Petros und Ulmsten (10, 11) wurde die operative Inkontinenztherapie durch die Einführung des „tension-free vaginal tape“ geradezu revolutioniert. Gemessen an den vorliegenden Daten weisen TVT und wahrscheinlich auch TOT die gleichen Erfolgsraten auf wie die offene Kolposuspension nach Burch. Sollten sich diese Ergebnisse langfristig bestätigen, sind TVT und TOT als minimal-invasive Verfahren allerdings zu bevorzugen.
Die hiermit offensichtlich verbundene unproblematische Durchführung ist sicherlich als einer der Gründe für die rasante Verbreitung des Verfahrens anzusehen. Es zeigen sich allerdings zunehmend zwei Tendenzen. Erstens sind oft die guten initialen Ergebnisse der Erstautoren und deren Nachfolger später nicht in gleicher Weise erzielt worden.
Die Gründe hierfür liegen in der oft zu weit gestellten Indikation, der nicht ausreichenden Erfahrung der Operateure bei vaginalen Eingriffen sowie in der unzureichend angewendeten Technik. Während in den 90er Jahren die zukünftigen Operateure in Trainingszentren und Workshops auf diesen Eingriff vorbereitet wurden, gilt heute oft die Devise: „See one, do one, teach one“. Dies wird diesem Eingriff nicht gerecht.
Zweitens mehren sich nun auch Berichte über Komplikationen, die durch TVT und TOT bedingt sind (18). Während die meisten Komplikationen problemlos beherrschbar sind, wurden in den letzten Jahren aber auch nach TVT letale Verläufe nach Darm- und Gefäßverletzungen geschildert. Die transobturatorische Technik, egal in welcher Durchführung, muss deshalb als deutliche Verbesserung gegenüber TVT gewertet werden. Wird sich TOT bei den Langzeitdaten als gleichwertig gegenüber dem TVT erweisen, ist TVT als obsolet anzusehen.
Anhand der vorliegenden Erfahrungen ist davon auszugehen, dass sich das „tension-free vaginal tape“ in der transobturatorischen Technik unter richtiger Indikationsstellung als Standardverfahren in der operativen Therapie der Belastungsinkontinenz durchsetzen wird.
Dr. med. H.-Jürgen Knopf, Ltd. Oberarzt der Urologischen Klinik, Ltd. Arzt des Kontinenzzentrums der Urologischen Klinik, Klinikum Dortmund gGmbH, Münsterstr. 240, D-44145 Dortmund, Tel. (02 31) 95 31 80 09, Fax (02 31) 95 31 87 99, E-Mail :
h.juergen.knopf@klinikumdo.deLiteratur
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