Was kostet uns die Gesundheitsreform?
BREMEN: Sicher war die Gesundheitsreform schon lange überfällig, aber angesichts der leeren Haushaltskassen trifft es natürlich wieder den normalen Steuerzahler. Gerade die Menschen mit wenig Einkommen und chronischen Erkrankungen wie zum Beispiel die von Inkontinenz betroffen sind, werden wieder einmal mehr zur Kasse gebeten.
Damit können Sie rechnen
Die Gesundheitspolitiker haben nicht auf Kassen gehört - und es sich einfach gemacht: Denn mit den neuen Gesetzen werden zunächst einmal die Bürger geschröpft. Eine echte Reform, die für mehr Wirtschaftlichkeit sorgen würde, soll erst später kommen. Dann werden womöglich alle Berufstätigen, also auch Selbstständige und Beamte, in eine“Bürgerversicherung« einbezogen. Wie diese dann finanziert wird, ist noch offen. Doch womit müssen Versicherte schon in den nächsten Jahren rechnen? Die Krankenkasse beantwortet die 10 wichtigsten Fragen.
Wie hoch sind die Zuzahlungen
Ob Apotheke, Arzt oder Krankenhaus - ab 2004 werden neue Zuzahlungen erhoben. Diese werden aber niemals Zwei Prozent des Bruttojahreseinkommens übersteigen. Chronisch Kranke zahlen maximal ein Prozent. Vom Einkommen. Welches die maximale Höhe der Zuzahlungen bestimmt, wird je Kind 3.648 Euro abgezogen. Für Kinder und Jugendliche bis 18 Jahren entfallen nach wie vor alle Zuzahlungen. Die Zuzahlungen werden auch bei den Versicherten fällig, die Kostenerstattung gewählt haben.
Was kosten die Arznei- und Hilfsmittel
Arzneimittel:
Ab 2004 zahlen Patienten zehn Prozent des Verkaufspreises, jedoch mindestens 5 und höchstens 10 Euro. Kostet das Mittel weniger als 5 Euro, fällt natürlich nur der Verkaufspreis an.
Heil- und Hilfsmittel:
Für Heilmittel (z.B. Massagen und Krankengymnastik) wird eine Zuzahlung von 10 Prozent der Kosten und zusätzlich 10 Euro für die Verordnung erhoben. Für Hilfsmittel (z.b. Rollstühle, Einlagen und Hörgeräte) gilt dieselbe Regelung wie bei Arzneimitteln. Die monatliche Höchstbelastung für zum Verbrauch bestimmte Hilfsmittel (z.b. Windeln) liegt bei 10 Euro.
Arztbesuch:
Der Patientenanteil für den ersten Besuch beim Arzt oder Zahnarzt beträgt in jedem Quartal 10 Euro. Wer ohne Überweisung im gleichen Quartal einen weiteren Arzt aufsucht, zahlt noch einmal 10 Euro.
Krankenhaus:
An jedem Tag im Klinikbett beteiligen sich die Patienten mit 10 Euro, das gilt allerdings nur für 28 Tage im Kalenderjahr.
Fahrkosten und Kuren:
Es gelten die selben Regeln wie bei Arzneimitteln, bezogen auf den Fahrpreis bzw. den von der Krankenkasse zu zahlenden Tagessatz. Bisher betrug die Zuzahlung bei Fahrkosten pauschal 13 Euro, bei Kuren 9 Euro pro Tag.
Haushaltshilfe:
Auch hier gelten die selben Regeln wie bei Arzneien, bezogen auf den Preis der Tagesaufwendungen.
Häusliche Krankenpflege, Soziotherapie:
Ähnlich dem Krankenhausaufenthalt sind für die ersten 28 Kalendertage der Leistungsinanspruchnahme 10 Prozent des Vertragssatzes als Zuzahlung zu übernehmen. Außerdem sind pro Verordnung 10 Euro zu entrichten.
Muss ich Krankengeld extra versichern ?
Das Krankengeld wird auch künftig von der Krankenkasse gezahlt, man braucht also keine private Versicherung abzuschließen. Geplant ist ein Sonderbeitrag für angestellt Beschäftigte, der ab 2006 erhoben wird und 0,5 Prozent des Bruttoeinkommens betragen soll. Der bislang gleich hohe Beitragsanteil des Arbeitgebers wird abgesenkt. Spätestens 2005 wird die jeweilige Krankenkasse ihre Kunden genauer über die Details informieren.
Sollte man sich jetzt schnell die Zähne sanieren lassen ?
Nein, denn bis 2005 ändert sich grundsätzlich gar nichts. Auch danach bleibt Zahnersatz im heutigen Umfang versichert.Allerdings wird diese Versicherung ab 2005 gesondert geführt und bezahlt. Die Krankenkassen wird allen Versicherten frühzeitig entsprechende Angebote machen.
Welche Zahlungen fallen weg
Brillen und Kontaktlinsen:
Brillen werden nur noch für Versicherte bis 18 Jahren und schwer Sehbehinderte übernommen, Kontaktlinsen nur noch im Ausnahmefall.
Sterbegeld:
Das bisherige Sterbegeld von 525 Euro wird gestrichen.
Taxifahrten zum Arzt:
gibt es nur noch in Ausnahmefällen, die derzeit gesetzlich festgelegt werden.
Entbindungsgeld:
Das Entbindungsgeld von 77 Euro für Mütter, die kein Mutterschaftsgeld erhalten, fällt weg.
Gibt es auch Verbesserungen ?
Bonuszahlungen für Gesundheitsbewusste sollen zu sinnvollem Verhalten anregen: So können Krankenkassen künftig die Teilnahme an Vorsorgeuntersuchungen, Präventionsprogrammen oder betrieblicher Gesundheitsförderung honorieren. Auch bei der hld< werden derartige Modelle untersucht. Ähnliches gilt für Versicherte, die im Krankheitsfall erst zum Hausarzt gehen, statt gleich Fachärzte aufzusuchen.
Werden alle Kassen gleich teuer
Nein, aber durch die Reform des Finanzausgleichs zwischen den Krankenkassen (Risikostrukturausgleich) werden vor allem billige BKK's ihre Beiträge erhöhen müssen.
Für wem lohnt sich ein Wechsel zu den Privaten ?
Für immer weniger: Die Kostensteigerungen im Gesundheitswesen schlagen schon heute überdurchschnittlich stark auf die Privaten durch, Preissteigerungen von jährlich drei bis fünf Prozent sind zu erwarten. Die Kapitaldeckung der PKV ermöglicht wegen ihrer Abhängigkeit von den Kapitalmärkten keine Abkoppelung vorn demographisch bedingten Kostendruck. Damit bietet sie keine bessere Zukunftssicherung als die Gesetzlichen. Eine mögliche Bürgerversicherung könnte sogar die Existenz der PKV gefährden. Dagegen werden die Gesetzlichen künftig durch Bonusmodelle oder Tarif-Wahlmöglichkeiten attraktiver.
Sinken die Medikamentenpreise ?
Weil der Versandhandel ab 2004 auch in Deutschland erlaubt wird, sind bei Internetapotheken durchaus günstigere Preise möglich - hier müssen Patienten jedoch selbst vergleichen. Geld wird man vor allem bei nicht verschreibungspflichtigen Medikamenten sparen können. Solche Medikamente übernehmen die Krankenkassen nur noch für Kinder bis zum 12. Lebensjahr. Bei einern Teil der anderen Arzneimitteln werden sinkende Preise auch die Höhe der Zuzahlungen sinken lassen.
Was bringt die elektronische Versichertenkarte
Ab 2006 soll eine neue, »intelligente Gesundheitskarte« die bisherige Versichertenkarte ersetzen. Sie wird Notfallinformationen (z.B. für Allergiker), Rezepte, Verordnungen, Diagnosen und Behandlungsdaten speichern können. Schutz vor Missbrauch wird dabei groß geschrieben: So liegen die Daten - ähnlich wie bei der EC-Karte - nicht auf der Karte selbst, sondern auf einem geschützten Rechner. Außerdem müssen die Patienten dem Speichern ihrer Daten zustimmen. Vorteil der neuen Karte ist, dass Ärzte leichter auf bisherige Behandlungsverläufe zugreifen können. Das hilft auch, unnötige Doppeluntersuchungen (z.B. beim Röntgen) zu vermeiden.
Quelle: SVI - Newsredaktion