#3 von Chris » 09 Jul 2010 08:40
Hallo Ihr Zwei,
ich lebe seit fast 10 Jahren mit einer voll inko und den daraus resultierenden "Schwierigkeiten". Nach einer sehr "peinlichen" Phase zum Beginn, habe ich mich ganz intensiv mit dem auseinandergesetzt, wie ich weiter mein Leben gestalten möchte und dann - auch mit professioneller Hilfe, die Konsequenzen gezogen und gehandelt.
Will sagen - nachdem ich nicht so recht wusste, wie ich langfristig mit den Unfallfolgen umgehen sollte, habe ich mich erst einmal gründlich informiert - Versorgung mit den entsprechenden Produkten - Inko-Slips, Vorlagen, aber auch Überhosen zum Geruchsschutz, sonstige Kleidung. Irgendwann bin ich dann auch auf die Irrigation gestoßen und habe einen ersten Versuch gemacht, der leider scheiterte. Heute, nach einem weiteren Versuch komme ich damit hervorragend klar und habe nur selten einen "Unfall". Daneben habe ich alle möglichen Behandlungsformen, unter anderem auch Akupunktur versucht, die allerdings hat sehr weiter geholfen.
Als die "praktischen" Probleme gelöst oder wenigstens tragbar waren, habe ich mich ganz intensiv mit Hilfe eines Psychotherapeuten um mich gekümmert. Im Ergebnis konnte ich mich mit meinen Einschränkungen, ohne Vorbehalte annehmen und damit "das Leben neu beginnen". Das ging auch einher damit, dass ich mich in der Selbsthilfe eingebracht habe und anfing mich noch weiter in das Thema und die verschiedenen Formen und Behandlungsmöglichkeiten ein zu lesen. - Verkriechen war nicht mehr und so hat es erst die engste Familie erfahren - meine Kinder und die meiner Lebensgefährtin, dann auch der Freundeskreis und später bin ich ganz offen damit umgegangen und tue das auch heute noch. Nicht dass ich "hausieren" gehe, aber wenn es sich ergibt, spreche ich darüber und habe (zum Glück) noch nie negative Erfahrungen machen müssen. Selbst als die Beziehung in die Brüche ging, konnte ich meiner heutigen Frau schon ganz früh "reinen Wein einschenken" - wir kommen super damit klar und es war kein Beziehungshindernis.
Durch meine lange Selbständigkeit war es ab und an nötig, dass ich Auftraggeber informieren musste - auch dabei bislang keine negativen Reaktionen - heute arbeite ich in der EDV in einer großen Klinik im Norden und bin wieder fest angestellt - im Vorstellungsgespräch zu begründen, warum ich einen Schwerbehindertenausweis habe obwohl man mir nichts ansieht (na klar das war freiwillig) war schon ein wenig "kribbelig", aber nun kann niemand etwas sagen, wenn ich "zwischendurch" einmal in der Dusche verschwinden muss.
Somit kann ich sagen - die Flucht nach vorn, also offen bis sehr offen mit der Einschränkung umgehen hat sich für mich in jeder Hinsicht bewährt.
Sicher ist, dass man als Betroffener erst einmal eine gute Position zu sich selbst gewinnen muss - davon hängt fast Alles ab. Dazu gehört eine gehörige Portion Selbstbewusstsein und Kraft, aber es ist machbar.
Kopf hoch, wenn es "die Anderen" erst einmal wissen, wird vieles leichter.
Machts gut
Chris
Kinder sind uns als Lehen gegeben, wir müssen sie sorgfältig behandeln