Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass ein möglichst "nebensächlicher" bis offener Umgang mit Inkontinenz der einfachste ist. Auch wenn das am Anfang extrem schwer ist. Zumal es eben doch seltener ist, dass es jüngere Semester trifft. Inkontinenz ist eben immer noch ein wenig als Rentner-Problem verschrien.
Ich hab es selber Jahrelang verheimlicht, was recht gut ging. Ich war sogar so gut, dass ich mir meine Windel selbst in Gemeinschaftsschlafräumen unauffällig anlegen und morgens loswerden konnte. Das hatte schon beinahe Thriller potenzial.
Aber als es mich dann auch Tagsüber erwischte war selbst für mich die Welt erstmal zuende. Als ich mich darauf hin in die längst überfällige, ärztliche Behandlung begab hat man mir recht schnell klargemacht, dass es mindestens eine längerfristige Sache wird. Mir war dann aber auch klar, dass ich mich nicht einfach aus dem Leben zurückziehen konnte(und auch nicht wollte).
Die Ersten denen ich es erzählt habe waren meine Eltern, welche sehr einfühlsam reagiert haben. Trotz der Vertrautheit ein schwerer Schritt, der mich aber angefangen hat wieder etwas zu erden. Ich hab es dann nach einer kleinen Verschnaufpause meinen allerbesten Freunden erzählt, welche das auch, zu meinem überraschen, sehr verständnisvoll reagiert haben. Dabei bekleckern wir uns in der Regel nicht durch besonders reifes Verhalten.
Die Jungs waren immer wie Brüder für mich und haben da unter Beweis gestellt das dieses "Bro" Gelaber eben nicht nur Gerede ist. Ihr belangloser Umgang mir der Sache hat mich dann noch weiter auf den Boden der Realität zurückgeholt. Ich hab es dann auf ein paar weitere Freunde ausgeweitet mit denen ich öfter Umgang habe und nur positive Erlebnisse gehabt. Das hat mir noch mehr Selbstvertrauen zurückgegeben. Auch wenn es Situationen gab in denen ich wieder Herzklopfen hatte.
Ich hab inzwischen Dinge gemacht, die ich am Anfang abgeschrieben hatte, wie Disco-, Konzert-, Festival- oder Schwimmbadbesuche. Mein Selbstbewusstsein ist, bis auf ein paar düstere Tage, dann und wann, wieder so wie früher. Etwas größer als nötig. ^^
Ich sehe zwar keinen Grund es mir auf die Stirn zu tätowieren und es gibt auch noch genug Leute aus Freundeskreis und Familie die es nicht wissen, aber sollten sie es irgendwie merken ist mir das egal. Auch auf der Arbeit weiß es niemand. Ich leg es nicht drauf an. Wer aber meint sich darüber lustig zu machen erntet meinen Zorn - und der hat Menschen auch vorher schon eingeschüchtert. Wie ich festgestellt habe klappt dies auch wenn jemand, der etwas merkt, meint sich dumm zu äußern.
Vielleicht hatte ich Glück, dass meine ersten Erfahrungen alle positiv verlaufen sind und ich so schnell wieder einigermaßen auf die Beine kam. Aber ich kann jedem nur empfehlen am Leben teilzunehmen und selbstbewusst zu reagieren wenn es dazu kommt - es ist der bessere Weg. Oft ist es rethorisch recht einfach solche Menschen von ihrem hohen Ross zu treten. Seht es als Chance in diesen Situationen euer Umfeld zu säubern. Menschen die meinen dich wegen deiner Erkrankung zu demütigen sind wertlos und für das eigene Glück völlig entbehrlich. Früher oder später hätten dich solche Leute ohnehin enttäuscht.
Achja, und geht zum Arzt. Es legt sich dann eben doch nicht irgendwann von selbst...