Hallo Matti,
herzlichen Dank für Deine Antwort!
Du hast meine Situation sehr gut erkannt. Ich will Dir kurz schreiben, was mich da bestätigt:
Einnässen und einmachen ist ein Schrei nach Liebe.
Durch die Windeln und mit dem Einnässen bekomme ich tatsächlich Aufmerksamkeit oder hoffe darauf.
Meine Inkontinenz ist eine große Belastung für mich. Ich habe, gewachsen durch meine traumatische Kindheit, ein schwaches Selbstwertgefühl. Einmachen, einnässen und Windeln tragen stabilisiert mich da, obwohl es sehr verrückt klingt.
In meinen Fall, sind, denke ich, psychische Faktoren die Auslöser für das in die Hose machen.
Einigeln ist richtig, denn wenn es mir in die Windel geht, fühle ich mich dabei durch meine Windelhose völlig von der Umwelt geschützt. Ganz sicher ist aus meiner Sicht eine psychische Traumatisierung in meiner Kindheit der Grund für meine Harn- und Stuhlinkontinenz.
Ich leide immer wieder an schweren Depressionen und habe Lebensangst.
Schmerzhaften Harndrang habe ich nicht. Ich glaube, organische Ursachen kann man bei mir ausschließen.
Meine seelische Verfassung ist zur Zeit miserabel. Ehrlich gesagt, halte ich mich derzeit sehr an den Windeln fest. Ich habe das Gefühl, daß meine Windelhosen momentan das einzige sind, was mir Sicherheit und Stabilität gibt.
Ich habe immer schon gelernt, Aggressionen runterzuschlucken. Mit Trotz kam ich bei meiner Mutter nie weiter. Im Gegenteil, es hat meine Situation dann immer nur noch verschlechtert. Als Kind habe ich schon gelernt, Emotionen und Gefühle zu zeigen. Allerdings wurde mir vermittelt, daß ich die Gefühle der Mutter zu übernehmen habe. Und wenn mußten die eigenen Gefühle in die Wahrnehmung der Mutter passen. Eigene Gefühle waren nicht gefragt, was mich dazu brachte in allen Lebensbereichen nicht mehr meinen eigenen Gefühlen zu vertrauen.
Ich hoffe, Du siehst, wie deutlich die psychischen Ursachen für meine Inkontinenz zu Tage treten!
Leide ich unter einen sekundären Enuresis? Ich habe gelesen, daß 1 bis 2,manche meinen auch 5 % der Erwachsenen darunter leiden!
Ich hatte mehrere dramatische und einschneidende Veränderung der Lebenssituation in meiner Kindheit. Die Trennung der Eltern, auch von meinem Bruder. Die Trennung von mehreren Freunden meiner Mutter. Der frühe Tod meines Vaters, auf dessen Beerdigung ich nicht mal gehen konnte. Einige Umzüge. Und heute wiederholt es sich ja wieder. Wie geschildert: Trennung von der Frau und meinen Kindern, Probleme im Beruf usw.
Mir hat immer schon Liebe und Zuneigung gefehlt. Jetzt bin ich ganz alleine und ich denke schon, daß mein einnässen und einmachen das alles symbolisiert.
Meine Befürchtung ist eben, daß beim Arzt die psychosomatischen Aspekte meines Falles bei der Diagnostik meiner Inkontinenz keine Rolle spielt.
Nun will ich noch Deine Fragen beantworten:
Warum ich nachts noch trocken bin und nur tagsüber in die Hose mache, kann ich Dir nicht sagen. So, wie sich mein Problem aber zur Zeit verstärkt, habe ich die Befürchtung, daß es nicht mehr lange dauern wird, daß ich mich auch nachts nass mache.
Ich glaube weniger, daß dies alles mit Verstand zu tun hat, sondern vielmehr mit meinen Gefühlen, die ich nicht verstehen und auch nicht steuern kann.
Wie gesagt, hab ich es unterwegs bisher immer gerade so geschafft, auch, wenn meine Unterhose schon mal ein wenig nass geworden war. Aber auch das alles hat mit dem Gefühl von Sicherheit zu tun. Ich weiß nicht, wie ich das verständlich erklären soll. In meinen eigenen vier Wänden habe ich das unterbewußte Gefühl sicher zu sein. Ich halte den Harn und Stuhl dann unterbewußt länger, als es mir gut tut. Wenn mir dann alles in die Hose geht, ärgere ich mich zwar darüber, aber denke dann, es ist nicht so schlimm, weil ich ja zuhause bin und es keiner mitbekommt. Ich bin sowieso immer alleine.
Unterwegs gibt mir meine Windel dann diese Sicherheit. Dann verlasse ich mich auch voll und ganz auf die Inkontinenzslips!
Meine Therapeutin kommt sehr gut mit meiner Inkontinenz klar. Ich fürchte aber, daß ein Arzt mich für verrückt erklärt und mich für einen Spinner abtut. Auch schäme ich mich sehr dafür, dem Hausarzt sagen zu müssen, daß ich wieder einnässe und einmache. Ich glaube, der Hausarzt würde mir nicht glauben und mich auch nicht verstehen. Andererseits fürchte ich, daß ich die Inkontinenzslips einfach brauche.
Das alles ist ein riesiges Problem für mich. Ich fürchte, bald nicht mehr ohne Windelhosen leben zu können. Dabei würde ich gern darauf verzichten und ganz normal sein.
Gruß, Robert