Geschrieben von <a href="mailto:MARVIN42@web.de">Helmut</a> am 19. September 2002 22:39:01: (altes Stuhlinkoforum)
Hallo zusammen,
ich möchte euch Heute mal ein wenig erzählen, welche Möglichkeiten es gibt, um trotz Stuhlinkontinenz ein fast normales Leben zu führen.
Klar, Inkontinenz ist immer ein gewaltiger Einschnitt ins Leben eines Menschen, vor allem wenn die Inkontinenz nicht durch Medikamente oder einer Operation zu beheben ist. Dabei ist die Harninkontinenz noch relativ Gut mit ableitenden und aufsaugenden Hilfsmitteln vor anderen Mitmenschen zu verbergen. Anderst sieht es da schon bei der Stuhlinkontinenz aus, denn dabei entstehen auch Gerüche, die nicht oder nur sehr schwer zu verbergen sind. Dadurch kann es durchaus zu peinlichen Situationen mit anderen Mitmenschen kommen, wenn sie durch die Gerüche aufmerksam werden. Auch fühlen sich viele Betroffene dadurch als nicht vollwertiger Mensch und kapseln sich immer mehr von der Gesellschaft ab, was zur Vereinsamung des Betroffenen führt und nicht selten auch in tiefe Depressionen führt. Um aus dieser scheinbar aussichtslosen Situation zu kommen, ist es wichtig, daß der Betroffene selbst den Willen aufbringt, sich helfen zu lassen.
Ein wichtiger Aspekt dabei ist, sich vom Arzt gut beraten zu lassen. Es gibt mehrere Methoden, um auch bei Stuhlinkontinenz eine gewisse Kontinenz zu erreichen und nicht immer "volle Windeln" zu haben.
Eine einfache aber nicht gerade besonders sichere Methode ist das Toilettentraining, bei dem versucht wird den Darm zu einer regelmäßigen Entleerung zu erziehen. Bei dieser Methode kann es durchaus vorkommen, daß man mal unverhofft "Unfälle" hat, was durchaus auch zu unpassenden Gelegenheiten sein kann.
Eine weitere Möglichkeit stellen die sogenannten Analtampons dar, die in verschiedenen Ausführungen zur Verfügung stehen und in den Enddarm eingeführt werden, so daß sie den After von innen her abdichten. Mit den Analtampons kann man schon sehr Gut "Unfälle" vermeiden und eine gewissen Kontinenz erreichen. Ein Nachteil den diese Analtampons haben, ist die Reizwirkung auf die Darmschleimhaut, die zu einem unangenehmen Druckgefühl im Enddarm führen. Es dauert dann eine gewisse Zeit bis man sich daran gewöhnt hat.
Eine andere Methode ist, den Darm durch die gezielte Gabe von Abführmitteln zur Entleerung zu bringen. Dabei wird vorallem die Gabe von Abführzäpfchen bevorzugt, da der Zeitpunkt der Entleerung schon ziemlich genau bestimmt werden kann. Danach ist der Darm soweit entleert, daß keine unkontrollierte Entleerung für die nächsten 8 bis 12 Stunden zu erwarten ist. Der Nachteil liegt quasi auf der Hand. Durch die ständige Gabe dieser Medikamente wird die Darmschleimhaut auf dauer geschädigt, darum sollte diese Methode nur für eine kurze Zeit verwendet werden.
Auch eine Methode, die aus dem Bereich der Stomatherapie (künstlicher Darmausgang) kommt, ist die sogenannte Irrigation. Dadurch war es erstmals möglich, eine Kontinenz des Betroffenen von mehr als 24 Stunden zu erreichen. Diese Methode arbeitet nach dem Prinzip der Darmspülung und reinigt den Enddarm sehr gründlich. Da sich aber viele Betroffene vor dieser Methode der Darmreinigung ekeln oder eine gewisse Abneigung haben, ist die Irrigation noch nicht so weit verbreitet. Der einzige Nachteil den die Irrigation hat, ist der hohe Zeitaufwand, den man berücksichtigen sollte. So kann die Durchführung der Irrigation schon insgesamt fast eine Stunde dauern.
Es gibt auch noch seit einiger Zeit die Möglichkeit, sich einen künstlichen Afterschließmuskel einsetzen zu lassen. Aber da steht die Medizin noch am Anfang und auch nicht jeder Betroffene ist für diese Art der Behandlung seiner Stuhlinkontinenz geeignet.
Zum Schluß möchte ich auch noch darauf hinweisen, daß auch die Behandlung durch einen guten Psychologen ins Auge gefaßt werden sollte. Denn der seelische Druck ist wirklich Enorm und kaum einer schaft es da selber heraus zu kommen. Es ist sehr wichtig, jemanden zu haben, mit dem man Reden kann und dem man Vertraut. Das hilft sehr bei der Bewältigung der Probleme, die durch die Stuhlinkontinenz entstanden sind.
Meine eigene Erfahrung hat gezeigt, daß es schon 2 Jahre und länger dauern kann, bis man die Inkontinenz für sich akzeptiert und man beginnt, ein fast normales Leben damit zu führen. Im laufe der Jahre lernt man, mit der Inkontinenz umzugehen und auch darüber offen zu Reden. Es wird langsam ein Teil des Lebens und man beginnt wieder soziale Kontakte zu knüpfen.
Ich möchte jedem der davon betroffen ist, mit diesen Zeilen Mut machen und ihn dazu aufmuntern, sich bei seinem Arzt über die Möglichkeiten der Behandlungen zu Informieren. Es bringt wirklich nichts, sich in der Ecke zu verstecken. Ich lebe nun schon fast 11 Jahre mit der Stuhlinkontinenz und verwende die Irrigation, um eine gewisse Kontinenz zu erreichen, und das mit großem Erfolg.
In diesem Sinne ....
Gruß Helmut